"Lassen sie uns die Verbraucher aufklären, lassen sie uns die Bilder zeigen, wie die Tiere geschlachtet werden und wie die leben. Dann kann der Verbraucher selbst entscheiden, ob er so ein Huhn will."
RTL’s liebster Restaurantretter
Christian Rach sprach diese weisen Worte in der sonntäglichen Sendung der ARD-Talkerin Anne Will. Das Thema war der dieser Tage allgegenwärtige Dioxin-Skandal und geladen waren Gäste, die zu den Details dieses neuen Lebensmittelskandals tatsächlich nur wenig bis gar nichts beitragen konnten. Doch stellte Anne Will eine entscheidende, in der Diskussion oft vernachlässigte Frage: „Dioxin im Frühstücksei - kein Respekt vor Mensch und Tier?"
In der Tat scheint es so als interessiere sich der Verbraucher nur eben dann für die Zustände in der Massentierhaltung, wenn es der eigenen Gesundheit an den Kragen geht. Jedoch ist die Frage nach dem Respekt vor dem Tier für den aktuellen Dioxin-Skandal alles andere als eine Zweitrangige. Wie der Journalist Peter Hahne im Gespräch mit dem Ex-Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke, der mit Freude das von Sternekoch Christian Rach zubereitete Omelette verspeiste, richtig festhielt: „Alles ist heute gläsern. Nur die Massentierhaltung nicht.“
Die Massentierhaltung erscheint vielmehr als abstrakter Begriff, von dem sich die wenigsten Verbraucher eine genaue Vorstellung machen können. Mit oder ohne
Dioxin in Schweinefleisch oder Ei. Am deutlichsten wurde das im Verlauf der Sendung nicht allein durch die grausamen Schlachtvideos, die Gäste und Zuschauer in regelmäßigen Abständen sprachlos werden ließen, sondern durch die Schriftstellerin Karen Duve, die es auf den sehr simplen Punkt brachte und davon erzählte wie sie jahrelang sehr gerne die Hähnchengrillpfanne aus dem Supermarkt gekauft habe, um eines Tages inne zu halten und sich zu fragen: Wie kann es eigentlich sein, dass ich dafür nur knapp drei Euro zahle?
Sie hatte zwar immer mal wieder Videos gesehen von Tieren in Schlachtbetrieben, die sich gegenseitig tottrampeln oder verletzt in ihren eigenen Exkrementen liegen, jedoch war sie nie auf den Gedanken gekommen sich selbst damit in Verbindung zu bringen. Karen Duve hatte jederzeit die Möglichkeit sich zu informieren über die Herkunft ihrer Hähnchengrillpfanne, doch sie hatte es bis zu diesem Zeitpunkt in der Tiefkühlabteilung vorgezogen nichts wissen zu wollen. Sie zog es vor nicht zu wissen, dass Ferkel ohne Betäubung kastriert werden, „weil das Fleisch dann besser schmeckt“ – ein Beispiel, das Anne Will in einem Einspieler in allen grausamen Details zeigte.
Nun weiß sie es. Auch Karl-Heinz Funke weiß das, so wie der Lobbyist der Geflügelwirtschaft, Thomas Janning, die auf die direkte Frage, ob man sowas denn noch als „artgerecht“ bezeichnen könne, sehr kleinlaut wurden und auf Ausflüchte zurückgreifen mussten. Aber mit dem Wort „artgerecht“ habe er, Thomas Janning, sowieso ein Problem, „denn das würde bedeuten so wie von der Natur vorgesehen. Man soll sich doch mal genau überlegen was so ein Tier vom Leben erwartet: genug zu fressen und ein bisschen Platz zum Laufen.“
Was ein Tier jedoch vom Leben erwarten können sollte in einer zivilisierten Gesellschaft ist nicht weniger als mit Respekt und nicht wie ein Rohstoff behandelt zu werden. Oft wurde in der Runde davon gesprochen, dass doch niemand Tiere vermenschlichen wolle. Aber was soll das bedeuten? Nicht vermenschlichen. Die einfache wie traurige Antwort ist: Wenn sich in Eiern und Schweinefleisch Spuren von Dioxin finden, dann schreit sie auf die Bundesrepublik, dann wird das zum Dioxin-Skandal 2011, dann bleiben sie im Regal die Eier und Fertiggerichte, doch wenn sie Bilder sehen von gemarterten, leidenden Tieren, dann akzeptieren sie das als Kollateralschaden. Letztlich wird es Lebensmittelskandale immer geben, letztlich werden weiter Legehennen, Masthähnchen, Schweine, Rinder und Milchkühe jeden einzelnen Tag unter den Folgen der Massentierhaltung zu leiden haben, letztlich nimmt der Verbraucher mehr Antibiotika, Dioxin, Eiter oder Sonstiges zu sich als er jemals wissen wird und letztlich wird es seine Entscheidung gewesen sein.