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XXX
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23-08-2012
In unseren Hotelaufenthalten und Restaurants stellten wir einen bemerkenswerten Wandel fest.
Der deutsche Genießer bewertet den Komfort neuerdings höher als die Kulinarik.
Was hier in Büsum auch der Fall ist.
Viele können gar nicht mehr unterscheiden ob etwas selber hergestellt wurde, oder es ist ihnen egal, Hauptsache der Preis ist gering.
Das bedeutet, dass er Fertiggerichte den selbst gemachten vorzieht. Er empfindet das künstliche Aroma seiner Steaksauce zwar als unnatürlich, daran aber hat er sich gewöhnt. Unnatürlich ist alles, was er glaubt, was er glauben soll und was er hinunterschluckt.
Deshalb fühlt er sich im Hotel so wohl. Da steht ihm ein ganzer Sahl zur Verfügung, in dem er seine Hypochondrie an Spezialmaschinen abreagieren kann, während ihm nur einen Raum weiter die Nase begradigt und die Gesichtshaut gestrafft wird.
Auch hat er sich nicht gewundert, dass er in nur zwölf Stunden (bei uns waren es 5 bis 8) Flugzeit für nicht mehr als eine Monatseinkommen seiner Putzfrau hierher geflogen wurde, dass seine Schuhe nächtens von unsichtbaren Geistern geputzt werden, wozu er zu Hause noch nicht einmal die Frau Gemahlin bewegen kann.
Betritt ein Gast das Restaurant - wir reden hier von einem schmucken, kleinen, weil der Bankkredit nicht für ein protziges reichte -, so hält das Schicksal keine große Auswahl für ihn bereit: Entweder wird der Abend mit den Apps verspielt, oder frau klagt sechs Gänge lang über die schmerzenden High Heels. Ganz sicher fotografiert das Paar sich gegenseitig mit dem Smartpohnes, und vermutlich warten sie nervös auf das Erscheinen des Kellners, der zwei Tische weiter mit einem anderen Gast die Korruption bei der Fifa diskutiert. Na ja, und man kann sich ja auch zur Abwechslung gegenseitig SMS schicken.
Vielleicht bietet sich ja eine Chance, die Esser am Nebentisch beim Verzehr einer Kaninchenkeule zu beobachten, um dabei von der Dauer des Kauvorgangs auf die Zähigkeit des Stallhasen zu schließen. Aber am Nebentisch Kauen sie nicht. Entweder sind es Vegetarier oder sie zeigen einander die Fotos, die sie gerade mit ihrem Smartpohnes gemacht haben. Für all diese Beobachtungen – und zum Lesen der Speisekarte sowieso- bedarf es mehr als der flackernden Stimmungskerze. Man möchte seinem Gegenüber in die Augen sehen und erkennen können, ob er/sie die die Tränen der Rührung über die Zartheit des Gurkensalats vergießt. Und die Dame am Tisch möchte sich im Spiegelglanz des Buttermessers überzeugen, dass ihr Lippenstift nicht verschmiert ist.
Ich bin allerdings nicht sicher, ob das Buttermesser wirklich sein muss. Das Messer, in tausend Chemiebädern erblindet, stolpert an der Tischkannte und stürzt zu Boden. Obwohl es auf dem harten Holzboden schepperte wie die „Costa Concordia“ am toskanischen Kliff, überhört der Kellner routiniert den Alarm. Er hat nur einen Teilzeitjob.
Tendenz steigend.
knorhan