Immer mehr Spitzenköche kochen auf Sparflamme. Soll heißen: der Spitzen- und Gourmetgastronomie geht es nicht gut. Die Wirtschaftskrise und das damit verbundene suboptimale Konsumklima setzen den Sterneköchen gehörig zu.
Ein Beispiel, in der „Süddeutschen“ entdeckt: Das Ritz-Carlton in Berlin hat sein angeschlossenes Gourmetrestaurant „Vitrum“ letztens geschlossen. Im Herbst soll ein neues Restaurant im Luxushotel eröffnet werden. Dabei aber „wird es sich nicht um ein Haute-Cuisine-Projekt handeln, das letztlich nur eine kleine Gruppe von Connaisseuren anspricht“, heißt es in der Presse-Erklärung. Da scheint ja offenbar ein Umdenken einzusetzen. Oder vielmehr: es muss anscheinend.
Laut Deutschem Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) ist der Umsatz der Gastronomie im ersten Drittel des Jahres 2009 um knapp sechs Prozent eingebrochen, „und die Luxussparte trifft es besonders hart“, wie eine Sprecherin erklärte. Als Grund werden die massiven Sparzwänge in der Wirtschaft angeführt. Natürlich ist nicht nur die Spitzengastronomie von der Finanzkrise betroffen. Dehoga und die Branche werden nicht müde, sich für eine Mehrwertsteuersenkung im gesamten Gastronomiegewerbe einzusetzen.
Die Europäische Union hat im Mai eine Liberalisierung der Mehrwertsteuer beschlossen. Im Gegensatz zu zum Beispiel Frankreich gibt es in Deutschland aber offenbar keine Pläne dies umzusetzen. In unserem Nachbarland ist man sogar schon über die Planungsphase hinaus, die Senkung von 19,6 Prozent auf 5,5 Prozent bei Speisen und Getränken (exklusive Alkohol) ist seit dem 1. Juli Wirklichkeit.
Der deutschem Hotel- und Gaststättenverband wünscht sich für Deutschland eine Senkung der Mehrwertsteuer auf 7 Prozent und führt „7 gute Gründe“ an:
- Spielräume für Preissenkungen, Investitionen, Mitarbeiterqualifizierung und -entlohnung
- Verbesserung des Preis-Leistungs-Verhältnisses
- Bis zu 70.000 neue Arbeitsplätze in Hotellerie und Gastronomie
- Chancengleichheit im europäischen Wettbewerb
- Beseitigung des Wettbewerbsnachteils der Gastronomie gegenüber Bäckereien, Metzgereien und Lebensmitteleinzelhandel
- Förderung der Genuss- und Esskultur
- Stärkung des Tourismusstandorts Deutschland
Tatsache ist, dass damit eine Gleichstellung mit dem Lebensmittelhandwerk und -einzelhandel erfolgen würde. Irgendwie hat es aber doch auch den Anschein, dass es einfach nur um Partikularinteressen geht. Der Staat weigert sich beharrlich, die Mehrwertsteuer zu senken, weil das gleichbedeutend mit einer Steuereinbuße ist. Dehoga und Branche wollen die Senkung unter allen Umständen, weil dies ein ziemlich großes Ersparnis wäre. Ob dieses eingesparte Geld dann wirklich in neue Arbeitsplätze investiert wird, sei mal dahingestellt.
Einen frommen Wunsch ist es auf jeden Fall wert. Das Argument mit der fehlenden Chancengleichheit leuchtet auch nur bedingt ein: ein uneinheitlicher Steuersatz ist sicherlich für grenznahe Städte und Gemeinden problematisch. Wo der Nachteil für zum Beispiel den Berliner Gastronomen sein soll, wenn in Paris weniger Mehrwertsteuer im Restaurant bezahlt wird, bleibt jedoch ein Rätsel. Um es auf den Punkt zu bringen: die Wirtschaftskrise setzt der hiesigen Gastronomie zu, und das nicht zu knapp. Betroffen sind sowohl Spitzengastronomie als auch die Pommesbude. Die Branche sieht verständlicherweise ihre Felle davon schwimmen.
Die „Pro7%“-Kampagne der Dehoga ist ein Ansatz um das Gastronomiegeschäft wieder in Gang zu bringen - nicht mehr und nicht weniger.
