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Burger Kings Dauerkrise -

New York - Das Culinary Institute of America preist sich als Edelschmiede der US-Köche. In einem früheren Jesuitenseminar hoch über dem Hudson River, zwei Autostunden nördlich von Manhattan, lernen jährlich mehrere Dutzend handverlesene Studenten die Kniffe kulinarischer Kunst: backen, braten, dämpfen, dünsten, rösten, schmoren, brauen, brühen. Die Amerikaner können nicht kochen? Von wegen, sagt Institutspräsident Timothy Ryan: "Die Welt beneidet uns."

So war es denn ein kalkuliertes Risiko, zur Verabschiedung des letzten Jahrgangs im Juni einen Festredner zu engagieren, der nicht gerade für Gourmet-Gastronomie steht: Brad Blum, Vorstandschef von Burger King. In schwarzer Robe trat er vor die 86 Jungköche und versicherte, es mache keinen Unterschied, ob sie in einem "Michelin"-Nobelrestaurant schwitzten oder in einem Fast-Food-Imbiss: Gute Köche gingen immer "als große Denker und große Führer" in die Geschichte ein. Alsdann empfahl er als Vorbild kulinarischer Kreativität die Chicken-Sandwiches und Steakburger seiner eigenen Bulettenbraterei.

Dabei war Blum selbst an jenem Junitag schon längst kalt gestellt. Burger Kings Besitzer, ein Konsortium aus Investmentbanken, suchen klammheimlich schon seit längerem einen Nachfolger für den Gastronomen, der seinen Posten erst Ende 2002 angetreten hatte. Zum Wochenende dann war es amtlich: Blum wurde die fristlose Kündigung serviert, sein Name umgehend von der Firmen-Website getilgt. Sein heißer Stuhl bleibt vorerst unbesetzt.

Das "Baguette-Fiasko" von 2003

Blum ist schon der achte Chef in 15 Jahren, der im Haus des Whoppers scheitert. Er gehe wegen "strategischer Differenzen" und "in gegenseitigem Einvernehmen", hieß es aus dem Konzernsitz in Miami lapidar. Doch hinter Blums Ausbootung verbirgt sich viel mehr: Burger King, mit 2,1 Milliarden weltweit verkauften Sandwiches im Jahr die ewige Nummer zwei nach McDonald's, steckt tief in der Krise. So tief, dass selbst die Rezepte eines Marketing-Meisters wie Blum nichts halfen, der zuvor die US-Billigrestaurantkette Olive Garden zum Marktführer aufgemotzt hatte.

Bradley Blum: Achter Chef in 15 Jahren Zwar meldete Burger King für Mai ein Umsatzwachstum von 7,5 Prozent, der größte Zuwachs seit Ende 1999. Doch hinter den Kulissen sieht das Bild düster aus. Ein Fünftel der rund 7900 US-Filialen macht weiter Verluste, der Jahresumsatz fiel 2003 von 8,1 auf 7,9 Milliarden Dollar. Drei der zehn größten Franchisenehmer haben inzwischen Bankrott angemeldet, geknebelt von den enormen Kosten für Kredite, Vertrieb und Lizenzen. Und Konkurrent Wendy's droht nun, sich an Burger King vorbei auf den zweiten Platz zu braten: Mit nicht mal 5800 US-Restaurants, über 2000 weniger als Burger King, erlöste die Nummer drei der Branche jetzt schon fast genau so viel - 7,35 Milliarden Dollar im vorigen Jahr, Tendenz steigend.

Dagegen konnte auch Blum nichts ausrichten. Im Gegenteil: Mit harter Hand und oft zu ausgefallenen Ideen überwarf sich der Fast-Food-Neuling mit den aufmüpfigen, einflussreichen Franchise-Pächtern. Schon im vorigen Jahr hätten sie ihn gewarnt, dass er die 50-jährige Traditionsmarke - ein Jahr älter als McDonald's - "dem Untergang nahe" bringe, wenn er nicht den Kurs ändere, berichtet einer. Als Beispiel verweist der Informant auf das, was sich in der Firmengeschichte längst als "das Baguette-Fiasko" eingebrannt hat.

Vertrocknete Innovationen

Das ging so: Im vorigen Sommer führte Blum Hühnchen-Burger in selbst gebackenen Mini-Baguettebrötchen ein. Die neuen Sandwiches sollten, mit je nur vier Gramm Fett und rund 45 Gramm Kohlenhydraten, die von der Atkins-Diät besessenen Amerikaner begeistern. Der Haken: Die Geflügeleinlagen waren rund, die Stullen aber länglich. Also ließ Blum kurzerhand die Enden der Baguettes absäbeln.

Das fanden die Kunden wiederum gar nicht schmackhaft. Die Innovation vertrocknete, als halbe Portion verpönt, auf der Warmhalteplatte. Ein teures Experiment: "Wir zahlen zwei Dollar für das Privileg, ein einziges Baguette zu verkaufen", beklagte sich ein Filialist in einer internen E-Mail über die aufwendige Werbe-Kampagne. Binnen kurzer Zeit waren Blums Baguettes wieder vom Menu verschwunden. "Wir sind doch kein Olive Garden", schimpfte ein Mitarbeiter.

Die Baguettes waren beileibe kein Einzelfall. Obwohl 2003 für die Fast-Food-Branche "ein Jahr großer Gelegenheiten" gewesen sei, klagt der mit über 350 Filialen größte Konzessionär Carrols Corp., habe Burger King "unter der Ineffektivität zahlreicher erfolgloser Marketing- und Produktinitiativen gelitten". Bei der letzten Tagung der National Franchise Association im Mai in Florida, auf der Burger King ein neues Firmenlogo präsentierte, brach nach Angaben von Teilnehmern sogar ein lautstarkes Wortgefecht zwischen Blum und Franchise-Vertretern aus, die sich "sehr negativ" über das Management ausgelassen hätten. "Da gab es ein großes Theater", berichtet ein Teilnehmer. Blum habe "viele Brücken hinter sich abgebrochen".

"Mehr Machtwechsel als in Italien"

Dabei sind die Probleme nicht nur Blums Schuld. Die Krux des Schnellgrill-Konzerns ist, kein selbständiges Unternehmen zu sein, sondern eine untergeordnete Abteilung eines Finanz-Konglomerats, das nach Belieben in die Firmenführung hineinregiert. Der Chef von McDonald's leitet seine eigene Wall-Street-Company; der Chef von Burger King leitet einen Geschäftsbereich. Kein Wunder, schreibt Marktbeobachter Daniel Gross im Online-Magazin "Slate", dass Burger King in den letzten eineinhalb Jahrzehnten "mehr Machtwechsel hatte als Italien". Am längsten hielt sich CEO Barry Gibbons - von 1989 bis 1993. Viel kann man da nicht erreichen.

Burger-King-Klassiker Whopper: Wendy's holt auf Im Gegensatz zum Unternehmen McDonald's , das von seinen Aktionären kontrolliert wird, wechselte Burger King bisher viermal den Besitzer, durch Aufkäufe und Fusionen. Jedes Mal schrumpfte das Unternehmen zu einem anteilsmäßig kleineren Bestandteil eines anderen Konzerns. 2002 wanderte die Firma für 1,5 Milliarden Dollar an eine Gruppe aus drei Großinvestoren: die Texas Pacific Group, Bain Capital und Goldman Sachs Capital Partners. Seitdem geht's abwärts - während die Rivalen dank pfiffiger PR-Kampagnen Erfolge feiern.

So nehmen manche den geschassten Blum denn auch in Schutz. "Ich habe nie jemanden erlebt, der so viele wichtige Fragen so schnell oder so gut angepackt hat wie Brad", sagt Peter Gibbons, Ex-Produktchef von Burger King. Die Bosse in Miami hätte es auch nicht zufrieden gestellt, wenn Blum "über das Wasser der Biscayne Bay gewandert" wäre.

Suche nach dem schnellen Fix

Bis zum 1. August soll nun ein Nachfolger gefunden werden. Im Gespräch sind unter anderem John Chidsey, der kürzlich erst zum Chef von Burger King North America aufstieg, und der ehemalige Präsident von Continenal Airlines, der Firmensanierer Greg Brenneman. Auch Steven Heyer, scheidender Präsident von Coca-Cola, wurde schon mal genannt.

Ein weiterer Kandidat dagegen - Paul Clayton, von 1997 bis 1999 Chef von Burger King North America - hat bereits dankend abgelehnt, aus dem Ruhestand zurückgerufen zu werden. Wer will's ihm verübeln: Der Posten des obersten Frikadellen-Flippers, weiß Branchenanalyst Allan Hickok, sei ein Schleudersitz: "Die suchen nach einer schnellen Lösung, und die existiert nicht."

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