Dioxin Skandal |
Ein Dioxin Skandal erschüttert die deutsche Lebensmittelindustrie. Auf verschiedenen Höfen wurde Schweinen, Puten und Hühnern vergiftetes Futter zu Fressen gegeben: ein Hersteller von Futtermittel verwendete technische Fette aus der Diesel-Produktion für die Tiernahrung. Über Eier und das Fleisch könnten die Dioxine nun von Menschen aufgenommen werden. Die Giftstoffe können sich in den Organen ablagern und gelten unter anderem als Krebspromotoren.
Bereits am letzten Tag des Jahres 2010 wurden in Nordrhein-Westfalen 14 Betriebe von den Behörden gesperrt, da hier belastete Futtermittel aufgefunden wurden. Kurz darauf konnte der Lieferant des kontaminierten Futters in Schleswig-Holstein ausgemacht werden. Zu den betroffenen Betrieben zählen Höfe in Soest und im Kreis Steinfurt: hier wurden Proben von dioxinbelastetem Lebensmitteln gefunden. Das Umweltministerium Nordrhein-Westfalens veröffentlichte mittlerweile die Stempelnummern der betroffenen Produkte. Am vergangenen Montag weitete sich der Skandal auf das benachbarte Bundesland Niedersachsen aus. Die Landesregierung sperrte vorsorglich rund 1000 Betriebe. Auch diese Höfe sollen das belastete Futter bezogen haben. Ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums in Hannover sagte am Montag: „Wir legen erstmal alles still. Der Verbraucherschutz geht vor." Die Eier aus dem betroffenen Bestand in Niedersachsen tragen den Erzeugercode 2-DE-0355461.
Das Agrarministerium in Sachsen-Anhalt teilte am Montag mit, dass mindestens vier Betriebe belastetes Futter geliefert bekamen. Zudem wurde ein Fall in Thüringen publik. In Nordrhein-Westfalen mussten rund 8000 Legehennen getötet werden. Dem Kreisveterinär zufolge sind rund 120.000 belastete Eier in den Verkauf gelangt. Der schleswig-holsteinische Futtermittelhersteller Harles & Jentzsch gibt an, die kontaminierte Fettsäure von einem Biodiesel-Hersteller im niedersächsischen Emden bezogen zu haben. Dieser betonte, dass die Fettsäure nicht für die Produktion von Futter bestimmt gewesen sei: es diene nur zur technischen Verwendung. Harles & Jentzsch hat laut eigenen Angaben jahrelang Reste aus der Biodieselherstellung sowie der Nahrungsmittelindustrie aufgekauft, um diese dann zur Futtermittelherstellung zu verwenden. „Wir waren leichtfertig der irrigen Annahme, dass die Mischfettsäure, die bei der Herstellung von Biodiesel aus Palm-, Soja- und Rapsöl anfällt, für die Futtermittelherstellung geeignet ist", sagte Geschäftsführer Siegfried Sievert dem „Westfalen-Blatt".
Verschiedene Politiker fordern nun eine vollständige Aufklärung des Skandals und Konsequenzen. Zu den Risiken für die Verbraucher sagte der nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Johannes Remmel von den Grünen im ARD-Morgenmagazin: „Das ist schon ein Skandal, und hier muss es jetzt auch die Diskussion über politische Konsequenzen geben. Das heißt, dass wir zumindest über einen Teil der Kette reden müssen, ob die Kontrollen ausreichend sind. Wir haben, glaube ich, keine akute Gefährdung, aber Dioxin gehört einfach nicht in die Nahrung. Es gibt ja auch nicht umsonst die Grenzwerte. Dioxin ist gesundheitsgefährdend und kann Krebs auslösen."
Viele Bauern in der Republik rechnen nun mit Schäden in Millionenhöhe, da die Verbraucher verunsichert sind, welche Produkte bedenkenlos gekauft werden können. „Eine akute Gesundheitsgefahr besteht nicht", erklärt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Verbraucherschützer raten dennoch zur Vorsicht beim Einkauf. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) zufolge bleibe der tägliche Verzehr eines einzelnen Eis ungefährlich. Relative Sicherheit besteht beim Kauf von sogenannten Bio-Eiern, da hier keine der Fettsäuren in das Futter der Tiere gemischt wurde.
Die Staatsanwaltschaft Itzehoe hat mittlerweile ein Ermittlungsverfahren gegen den Futtermittelhersteller in Schleswig-Holstein eingeleitet. Letzten Erkenntnissen der Bundesregierung zufolge wurden bis zu 3000 Tonnen des belasteten Futterfetts hergestellt. Am Mittwochmittag führten Staatsanwälte und Polizei eine Razzia an zwei Standorten der Firma Harles & Jentzsch durch.