Rätsel um Beliebtheit von Tomatensaft im Flieger gelüftet |
Holzkirchen. Die Frage, warum der Konsum von Tomatensaft während Flugreisen so verbreitet ist, scheint gelöst. Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik haben jetzt eine Studie veröffentlicht, die mit neuen interessanten Erkenntnissen aus dem Fluglabor aufwartet. Des Rätsels Lösung sei die Tatsache, dass bei niedrigem Druck und geringer Luftfeuchtigkeit die Geruchs- und Geschmacksschwelle niedriger liegen. Mittels der neuen Ergebnisse will jetzt die Deutsche Lufthansa AG das Board-Catering optimieren.
Die Tests erfolgten in einer Niederdruckröhre unter praxisnahen Kabinenbedingungen. Die Probanden wurden in eine authentische Situation versetzt: die Umgebungsparameter Luftdruck, Kabinenaußenwandtemperatur, relative Feuchte, Geräuschpegel, Vibration, Licht und Luftzirkulation können verändert werden. Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass in einer Flugzeugkabine das Geschmacksempfinden für Salz, Zucker und Kräuter viel schwächer wahrgenommen wird als am Boden. Milde Speisen sollten deshalb über den Wolken intensiver gewürzt werden als zum Beispiel asiatische Gerichte, die von vornherein schon gewürzintensiv sind.
„Essen und Getränke werden so wahrgenommen, als wäre man verschnupft“, beschreibt die Aroma-Chemikerin Dr. Andrea Burdack-Freitag vom Fraunhofer IBP die Auswirkungen der Kabinendruckverhältnisse auf den Passagier. Salz werde 20 bis 30 Prozent weniger intensiv empfunden, fruchtige Aromen blieben dagegen stabil. Tomatensaft, der sich durch kräftigen Geschmack auszeichnet, erfreue sich vor allem deshalb so großer Beliebtheit. „Tomatensaft wurde bei Normaldruck deutlich schlechter benotet als bei Niederdruck. Er wurde als erdig, muffig beschrieben. Unter Kabinendruck traten hingegen angenehm fruchtige Gerüche und süße, kühlende Geschmackseindrücke in den Vordergrund“, fasst Fraunhofer-Forscherin Dr. Burdack-Freitag zusammen. Jährlich werden rund 1,7 Millionen Liter Tomatensaft in Lufthansa-Maschinen serviert.