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Erstellt am 29.09.2003
Bundesumweltminister Jürgen Trittin hält ein Verfahren der Europäischen Kommission wegen des Dosenpfands für nicht nachvollziehbar. Zwei Tage vor Beginn der Regelung versuchte er, in Gesprächen mit der Kommission ein drohendes Vertragsverletzungsverfahren abzuwenden. Trittin sagte, die Behörde sollte prüfen, wie sich das System in der Praxis auswirke und nicht auf Basis von "Vermutungen und Schätzwerten" agieren. Es sei nicht erkennbar, dass das System ausländische Getränkeanbieter diskriminiere und den Wettbewerb verzerre, sagte er und verwies auf 15 Prozent Absatzwachstum ausländischer Mineralwasserhersteller im laufenden Jahr. Trittin traf sich in Brüssel unter anderem mit EU-Binnenmarktkommissar Fritz Bolkestein, der ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleiten will. Er habe Bolkestein dargelegt, dass es ein bundesweites, flächendeckendes System zur Dosenrücknahme gebe, sagte Trittin nach dem Gespräch. Bolkesteins Sprecher sagte, die Frage der Dosenpfandregelung stehe am Mittwoch auf der Agenda der Kommission. Bolkestein habe noch nicht entschieden, was er den Kommissaren vorschlagen werde. "Es wird eine Diskussion geben", sagte er auf Anfrage. Der Bundesumweltminister habe einiges klar gestellt, was Bolkestein berücksichtigen werde. Trittin hatte in der Vorwoche Bolkestein sowie EU-Umweltkommissarin Margot Wallström in einem Schreiben versichert, dass das Pfandsystem weder deutsche noch ausländische Getränkeanbieter benachteilige und auch den Handel mit Getränken in Deutschland nicht beeinträchtige. Wallström liege mit ihm auf einer Linie, betonte Trittin, wobei er auf ein entsprechendes Telefonat am Wochenende verwies. Die Kommission hatte Berlin eine Frist bis zum 1. Oktober gesetzt, ein bundesweites, unkompliziertes System zur Rückgabe der Pfanddosen einzuführen. Sie stößt sich nicht an der Pfandpflicht selbst, wohl aber daran, dass das System ausländische Anbieter beim Handel mit Getränken in Dosen und Einwegflaschen benachteiligen und damit den Binnenmarkt stören könnte. Die EU-Behörde will nötigenfalls ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten, an dessen Ende eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) stünde, sollte Berlin die Brüsseler Bedenken nicht ausräumen. Das Verfahren hätte für das Dosenpfandsystem aber keine aufschiebende Wirkung. Sollte die Kommission ein Verfahren einleiten, bekäme die Bundesregierung erneut Gelegenheit sich zu erklären, woraufhin die Kommission mehrere Monate Zeit hätte, die Situation zu analysieren. Falls die EU-Bedenken bestehen blieben, folgte die zweite Stufe des Verfahrens in Form einer mit Gründen versehenen Stellungnahme, die nach weiteren Verhandlungen in einer Klage vor dem EuGH münden könnte. Trittin fürchtet ein Verfahren nur insofern, als es der Handel als weiteren Grund für Verzögerungen heranziehen könnte. Bolkesteins Sprecher sagte, 94 Prozent aller Getränkeeinwegverpackungen kämen aus dem Ausland. Deutsche Hersteller seien bei dem Rücknahmesystem im Vorteil. Die Kommission will vor allem sicherstellen, dass Verbraucher in Deutschland problemlos überall ihre Dosen zurückgeben können und das Pfand zurückerhalten.